Bienenschwarm – Aufbruch in ein neues Leben

Allgemeinbildung erklärt in der Gebärdensprache

Wie ein Wasserstrahl strömen unzählige Bienen aus dem Flugloch. Ein Summen und Brausen ist das, wenn ein Schwarm ausfliegt! Das Bienenvolk hat sich geteilt und ein neues Volk ist entstanden.

Wenn im Frühling neue Königinnen im Bienenstock heranwachsen, verlässt die alte Königin mit einem Teil der Bienen ihr Heim. Die Bienen sammeln sich an einem Ast und bilden eine Schwarmtraube. Kundschafterinnen beginnen eine neue Wohnung zu suchen.

Das Bienenvolk hat sich geteilt. Viele Bienen sind ausgeflogen und hängen jetzt in einer Schwarmtraube. Diese wird immer schwerer und bekommt eine ovale Form. Alles, was zum alten Volk gehörte, haben diese Bienen zurückgelassen: Geschwister, Waben, Vorräte, Brut und ihre Behausung. Sie sind in eine ungewisse Zukunft aufgebrochen. Dazu sind sie allerdings gut vorbereitet, denn in einer Art Schwangerschaft von fünf Tagen hat sich das ganze Volk auf die Teilung eingestellt. Vor dem Aufbruch haben sich die Bienen einen Vorrat angefressen.

Nach dem rauschhaften Start findet sich das neue Volk jetzt erstmals in der Schwarmtraube zusammen. Die Bienen vergessen ihr altes zu Hause. Das ist der Geburtsmoment des neuen Bienenvolkes. Jetzt stehen Herausforderungen an, die über das langfristige Überleben in der Zukunft entscheiden. Das Volk muss eine neue Wohnung suchen und dieser Prozess ist ungewöhnlich interessant.

Zunächst gilt es herauszufinden, welche Angebote es auf dem Wohnungsmarkt gibt. Die Spurbienen durchsuchen die Landschaft in einem weiten Umkreis. Die Biene, welche einen möglichen Unterschlupf gefunden hat, meldet den Ort mit einem Schwänzeltanz auf der Bienentraube. Sie hat bei ihrem ersten Besuch Kriterien wie Raumvolumen, Exposition und Einrichtung abgeklärt und lässt die Resultate ihrer Abklärung in die Intensität ihres Tanzes einfliessen. Eine mässig gute Wohnung wird mit einer verhaltenen Tanzintensität angezeigt, eine Traumwohnung wird durch einen intensiveren und länger anhaltenden Tanz angekündigt.

Andere Spurbienen lassen sich von den Angaben leiten und besichtigen die neue Wohnung. Auch eine als mittelmässig eingestufte Wohnung muss überprüft werden, denn vielleicht ist sie gar nicht so schlecht. Zur Traumwohnung werden jedoch auf Anhieb gleich mehrere Spurbienen aufbrechen, um auch diese Einschätzung zu überprüfen. Kehren sie enthusiastisch zurück, kommt es zu einer Art Schneeballeffekt: Immer mehr Spurbienen fliegen hin und schauen sich die Wohnung an. Diese älteren und erfahrenen Bienen eines Bienenvolkes, wie es die Spurbienen sind, lassen sich jedoch nicht auf die erstbeste Lösung ein. Es werden mindestens zwölf Möglichkeiten getestet, damit die Gemeinschaft nicht etwa in der zweitbesten Wohnung landet. Dieser Prozess beruht auf einer demokratischen Entscheidungsfindung.

Die Diskussion kann sich dabei in verschiedene Richtungen bewegen, der Konsens ist jedoch wichtiger als eine lange Debatte. Besuchen viele Spurbienen einen Ort und werben beim Zurückkommen ebenso überzeugt dafür wie ihre Vorgängerinnen, fällt die Entscheidung rasch. Plötzlich tanzen alle Spurbienen für den einen Vorschlag. Sie organisieren den Umzug, indem sie die Bienen des ganzen Schwarmes mit einem Pfeifen auffordern, ihre Flugmuskeln zu aktivieren und der Schwarm erhebt sich in den Himmel. Die Spurbienen wissen, wohin es geht, denn viele von ihnen kennen den Weg bereits. Sie bestimmen das Tempo, lenken die ganze Wolke schwirrender Bienen, bremsen in der Region der neuen Wohnung ab und weisen auf das Flugloch der neuen Behausung hin.

Text bearbeitet von Irina Schulthess

Quellenangaben

http://bienenpfad.ch/de/tour.html

[abgerufen am 05.04.2019]